Rezeptionsgeschichte Guardis
Die Entdeckung der Werke Francesco Guardis und die außergewöhnliche Wertschätzung seiner malerischen Qualitäten sind verhältnismäßig jungen Datums. Lange Zeit gingen seine fast immer unsignierten und undatierten Bilder unter dem Namen bekannterer und beliebterer Maler. Auch Anton Graf Lamberg-Sprinzenstein, aus dessen Sammlung das Gemälde stammt, hatte es nicht unter seinem richtigen Namen erworben. Die Stadtansicht ist in seinem Inventar mit Canaletto bezeichnet. Erst im Übergabeprotokoll an die Akademie der Bildenden Künste in Wien aus dem Jahr 1822 erhielt die Vedute vom Canal Grande ihre richtige Bestimmung.
Das ausgehende 18. und noch mehr das beginnende 19. Jahrhundert konnten sich nicht über den klassizistischen Formenkanon hinwegsetzen und die malerischen Qualitäten Guardis schätzen.
Zwar betonte schon 1780 einer der frühesten Verfechter der Bilder Guardis, Giovanni M. Vianelli, die atmosphärische Wiedergabe von Natur, Landschaft und Luft und anerkennt ausdrücklich die Malerei, doch im Allgemeinen wurden Guardis Bilder immer wieder an den Veduten Giovanni Antonio Canal, genannt Canaletto (1697-1768) gemessen.
Kurz nach dem Tod Francesco Guardis schrieb L. Lanzi in seiner Storia pittorica della Italia über ihn als einen neuen Canaletto, der aber bei aller Meisterschaft in der exakten Wiedergabe der Proportionen (…) und bei allem guten Geschmack und schönem Effekt dem Meister gegenüber nicht bestehen kann.
Sehr bezeichnend ist ein Brief Sir Edwards an den Bildhauer Antonio Canova vom 23. Juli 1804, in dem er über die Schwierigkeit berichtet, Werke von Tiepolo, Canaletto, Belotto oder Marieschi aufzutreiben und resigniert fortfährt: Es bleiben die Werke des Guardi, die zwar sehr fein wären, aber er bezweifle, dass sie noch weitere zehn Jahre bestehen blieben, da Guardi für das tägliche Brot gearbeitet und seine Bilder a la prima gemalt habe. Edwards befürchtete also, dass der unmittelbare und pastose Farbauftrag Guardis nicht die maltechnische Sicherheit hatte wie die schichtweise aufbauende, dünne und glatte Malweise der Klassizisten seiner Generation.
Erst Simonsons erst monographische Arbeit, die 1904 erschien und alle bis dahin bekannten Dokumente und Gemälde zusammenfasste, ließ – gewissermaßen aus dem Nichts – den Menschen und Künstler Francesco Guardi wieder erstehen. Seither ist das Interesse an venezianischen Malern allgemein und Francesco Guardi im Besonderen ungebrochen.
Literatur:
Heribert Hutter: Francesco Guardi in der Gemäldegalerie der Akademie der Bildenden Künste in Wien. Wien 1967 zitiert:
M.Vianelli: Catalogo di quadri essistenti in casa di Don Giovanni M. Vianelli canonico della Cattedrale di Chioggia. Venedig 1790. S. 42ff.
L., Lanzi: Storia pittorica della Italia. Bd. 2 Bassano 1795/96. S. 225.
F. Haskell: Francesco Guardi as vedutista and some of his patrons. in: Journal of the Warburg and Courtauld Institutes. 1960. S. 276.
G. A. Simonson: Francesco Guardi 1712-1793. London 1904.