Zwillingsparadoxon
Die Personen auf dem Gemälde lassen sich kaum unterscheiden, es könnte sich bei vielen um Zwillinge handeln. Eines der bekanntesten physikalischen Probleme ist das „Zwillingsparadoxon“.
Die Situation ist folgende: Bei zwei gleichförmig zueinander bewegten Bezugssystemen A und B besagt die spezielle Relativitätstheorie, dass von A aus gesehen die Zeit in B langsamer vergeht und umgekehrt, dass von B aus gesehen die Zeit in A langsamer vergeht. Dass die Aussage „die Zeit vergeht im anderen System langsamer“ (= Zeitdilatation) in beiden Bezugssystemen getroffen werden kann, ist Ausdruck der Relativität beider Systeme (=Relativitätsprinzip).
Angenommen wir haben ein Zwillingspärchen, Schwester und Bruder. Die Schwester reist mit einem Raumschiff, welches sich mit 4/5 der Lichtgeschwindigkeit c von der Erde weg bewegt. Der Bruder auf der Erde beobachtet seine Schwester. Aufgrund der Zeitdilatation sagt er nach 5 Jahren: „Auf dem Raumschiff sind erst 3 Jahre vergangen, die Zeit vergeht dort langsamer.“ Nach fünf Jahren kehrt die Schwester um und fliegt zur Erde zurück. Wieder gilt die Zeitdilatation und der Bruder auf der Erde wartet 5 Jahre bis seine Schwester zurückkehrt und beobachtet, wie auf dem Raumschiff nur 3 Jahre vergehen. Nach der Rückkehr ist die Schwester daher um 4 Jahre jünger als ihr Zwillingsbruder.
Das Paradoxon besteht nun darin, dass die Schwester auf dem Raumschiff nach dem Relativitätsprinzip genau die gleichen Beobachtungen macht. Sie sagt: „Eigentlich befinde ich mich in Ruhe und mein Bruder auf der Erde bewegt sich mit 4/5 c von mir weg. Nach fünf Jahren ist er erst um 3 Jahre gealtert.“ u.s.w.. Also können beide Geschwister sagen, dass die/der andere jünger ist.
Die Auflösung des Paradoxons ist erstaunlich einfach: Das Relativitätsprinzip gilt nur für gleichförmig zueinander bewegte Bezugssysteme, also Systeme die sich mit konstanter Geschwindigkeit bewegen. Die Schwester im Raumschiff wechselt jedoch das Bezugssystem, wenn sie umkehrt: zuerst ist ihre Geschwindigkeit +4/5c und danach -4/5c ! Eine Rechnung, die den Bezugssystemwechsel berücksichtigt, ergibt, dass der Raketenzwilling nach der Rückkehr tatsächlich jünger ist. Dies ist mit Atomuhren und geringeren Zeitintervallen und kleineren Geschwindigkeiten auch messbar.
Die Zahlenwerte in dem Beispiel sind im übrigen richtig. Allerdings ist 4/5 c unrealistisch groß, ein Mensch würde die Beschleunigung auf eine solche Geschwindigkeit in so kurzer Zeit nicht überleben. Und der Energieaufwand dafür entspräche dem Energieinhalt von ein paar hundert Tonnen Uran.