Brücken - Geländer
Heute kann man in Venedig nur mehr Brücken mit Geländer sehen, doch in früheren Zeiten waren Brücken ohne Absicherung keine Seltenheit. Auf diesen Brücken fand eines der traditionellen Kampfspiele zwischen den einzelnen Bezirken statt, welches darin bestand, die gegnerische Mannschaft mittels eines Faustkampfes von der Brücke zu werfen. Doch diese unsicheren Überquerungen und die damit verbundenen Kämpfe verschwanden mit der Zeit aus dem Stadtbild der Lagune und heute kann man nur mehr auf Torcello, einer Insel unweit von Venedig, noch eine solche Brücke bewundern. Die Teufelsbrücke, welche von den Bewohnern aus Unbehagen so genannt wurde, ist relativ flach und überspannt nur einen kleinen Kanal.
Bei einem Neubau wäre eine Brücke ohne Geländer undenkbar, denn heutzutage gibt es hierfür klare Richtlinien und Gesetze. In der Wiener Bauordnung steht zum Beispiel zum Thema Geländer und Handläufe vermerkt, dass Handläufe bei mehr als drei Stufen vorgeschrieben sind. Geländer müssen eine Mindesthöhe von 1 m aufweisen, bei einer Absturzhöhe von mehr als 12 m erhöht sich dieses Maß auf 1,10 m. Diese Werte klingen sehr theoretisch, sind jedoch meist aus praktischen Erfahrungen entstanden. So wird unter anderem vorgeschrieben, dass das Überklettern eines Geländers in Gebäuden, in denen mit der Anwesenheit von Kindern gerechnet werden kann, erschwert werden muss. Auch der Wert, dass der Abstand waagrechter Stäbe lediglich 2 cm bzw. ab einer Höhe von 60 cm oder bei senkrechten Stäben 12 cm betragen darf, enstand aus der Überlegung, dass dieser Abstand kleiner sein muss als ein Kinderkopf .
Wenn man in Venedig spaziert und Kinder sieht, fällt einem deswegen auch sofort auf, dass es an den Kanälen nur selten Absicherungen gibt. Natürlich gibt es auch bei uns keine Geländer bei Bächen oder Seen, diese befinden sich allerdings nicht in einer so hohen Anzahl mitten in der Stadt. Doch so wie wir Nicht-Venezianer gelernt haben, mit unseren Kindern auf den Straßenverkehr zu achten, dürften sich auch die Einwohner der Lagunenstadt mit ihrem speziellen Problem abgefunden und/oder arrangiert haben.
Quellen:
Marion Kaminski: Kunst & Architektur Venedig, Deutschland 2005
Skript Hochbau Einführung, 5. Auflage 2001
Abbildung: Ponte del Diavolo, www.photo-exhibits.com