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Gender in der Architekturtheorie

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In der Architektur sollte immer der Mensch als Ausgangspunkt und Maß der Dinge gesehen werden. Dass der Mensch in der Architekturtheorie jedoch meist nur männlich ist, lässt sich anhand zweier Beispiele aufzeigen.
Le Corbusier, einer der bedeutendsten Architekten des 20. Jahrhunderts, entwickelte für seine Architektur den sogenannten ‚Modulor’, einen männlichen Durchschnittsmenschen mit einer Körpergröße von anfangs 1,75 m, später korrigierte er ihn auf 1,83 m.
Dieser Modulor diente bei all seinen Entwürfen als Ausgangspunkt und Maßeinheit. Er erkannte jedoch sogar selbst, dass dieses beliebige Festsetzen eines Einheitsmenschen nicht immer bzw. keinen Sinn hatte. So verbot er für einige Monate, diesen in seinem Atelier zu verwenden, nachdem ein Mitarbeiter einen schlecht proportionierten Entwurf mit dem Modulor rechtfertigen wollte.
Ein weiterer wichtiger, männerdominierter Maßindex ist das Nachschlagewerk ‚Neufert’. In ihm sind sämtliche Abmessungen für zum Beispiel Fahrstühle, Parkplätze, Tennisplätze oder Theater aufgelistet. Die erste Ausgabe des ‚Neufert’ erschien im Jahre 1936 und die bebilderten Angaben zeigten eine klassische Rollenverteilung. Die Frau steht in der Küche und kocht, der Mann sitzt im Büro.
Am auffälligsten ist dies aber bei Räumen, die innerhalb der Wohnung von beiden genutzt werden. Hierzu zählt das Bad. Der Mann badet in der Badewanne und die Maße beziehen sich auf ausreichend Platz für diese Tätigkeit. Im nächsten Bild ist die Frau zu sehen, wie sie die Badewanne hinterher putzt. Auch hier sollte auf möglichst angenehme Maße für die Tätigkeit geachtet werden.
Der Neufert ist mittlerweile in über 30 Auflagen erschienen und im Laufe der Zeit modernisiert worden. Dies passierte jedoch nur bei der Art der Darstellungen, der Inhalt mit klassischer Rollenverteilung ist bis heute gleich geblieben.
Mittlerweile gehört die Vorlesung ‚Gender Studies’ zu den Pflichtvorlesungen im Architekturstudium.

Abbildungen: 
Modulor von LeCorbusier, www.itiscannizzaro.net
Neufert Krankenbetten, www.2.uiah.fi

Quelle:  
Dörte Kuhlmann: Raum Macht Diffferenz, Genderstudien in der Architektur, Wien 2003

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