Frauenbild Kurtisane
In Venedig gingen Kurtisanen, anders als im Rest der Welt, noch im 18. Jahrhundert erfolgreich ihren Geschäften nach, also zu einer Zeit, die wir auf Guardis Bild festgehalten sehen. Diese Frauen waren keine gewöhnlichen Prostituierten, sie konnten sich in dieser Zeit ähnlich wie in der Antike mit dem Verkauf ihres Körpers ein selbstständiges und zuweilen angesehenes Leben erarbeiten.
So konnten junge, schöne Frauen mit Hilfe eines Dauerliebhabers ein Recht angenehmes Leben mit eigener Wohnung und einem monatlichen Fixum genießen, ein Leben, das sie sich sonst niemals hätten leisten können. Außerdem gehörte zu diesem Berufsstand eine gewisse Bildung, um die reiche Kundschaft mit Gesang, Lektüre oder Plauderei zu unterhalten. Dies ermöglichte ihnen später sogar eine Heirat, die zwar ein kleiner Skandal war, jedoch toleriert wurde. Weiters hatten diese Frauen oft einen enormen Einfluss auf ihre Liebhaber, wie etwa die Geliebten der französischen Könige, wie die Madame du Barry oder die Madame Pompadour.
Doch das Leben dieser Frauen hatte auch eine dunkle Seite, denn sie waren vollkommen von ihren Gönnern abhängig. So kam es immer wieder zu brutaler Gewalt, zur Zerstörung des guten Rufes einer Kurtisane, zu Perversitäten und sogar zum Mord. Diesen Dingen waren diese Frauen neben der sexuellen Ausbeutung schutzlos ausgeliefert.
Die gesellschaftliche Stellung der Kurtisanen war also durchaus ambivalent. Einerseits wurden sie vom Staat als Wirtschaftsfaktor gefördert, andererseits von eben diesem durch Kleidervorschriften von den Adeligen abgegrenzt und gedemütigt.
In der Literatur wurde das Leben der Kurtisanen weitestgehend ausgeblendet und nur die sexuellen Aspekte, im 18. Jahrhundert die Erotik, und die Geschäftspraktiken der Frauen beschrieben. Es gab jedoch eine Ausnahme, eine im 16. Jahrhundert lebende venezianische Kurtisane, die zugleich eine gefeierte Literatin war. Veronica Franco berichtete in ihren Briefen und Gedichten auch von ihren Gefühlen, die sie als kluge, warmherzige Frau erscheinen lassen.
Quelle: Marion Kaminski: Kunst & Architektur Venedig, Deutschland 2005