Fotografie versus Kunst?
Francesco Guardi hat die Geburt der Fotografie knapp verpasst und hatte (leider?) keine Möglichkeit den Canale Grande zu fotografieren. Erfunden wurde die Fotografie erst Anfang des 19. Jahrhunderts. Das erste Foto wurde 1826 von Nicephore Niepce gemacht, weiterentwickelt wurde das Verfahren von Daguerre, auf dessen Namen auch der Begriff der Daguerreotypie zurückgeht.
Das Aufkommen des neuen Mediums wurde von Anfang an stark diskutiert: Kann Fotografie als Kunst aufgefasst werden oder nicht? Aus heutiger Perspektive scheint die viel wesentlichere Frage aber zu sein: Wie hat Fotografie die bestehenden Begriffe von Kunst und ihre Produktionsbedingungen verändert?
Ein Argument, mit dem der Fotografie der Kunstcharakter von Anfang an aberkannt wurde, war ihre technische Reproduzierbarkeit. Das Kunstwerk war aber bereits vor der Erfindung der Fotografie durch verschiedenste Verfahren reproduzierbar, z.B. durch den Holzschnitt, den Druck, den Kupferstich etc. Während diese manuelle Reproduktion aber immer den Status der Fälschung inne hatte, brachte die Fotografie das Verhältnis von Original und Kopie ins Schwanken. Bis dahin gebräuchliche Begriffe der Echtheit gingen verloren – und damit die „Aura“, das einmalige Hier und Jetzt des Kunstwerks.
Während wir heute nicht mehr daran zweifeln, dass auch Fotografie Kunst sein kann, bleibt die Frage des Wirklichkeitsgehaltes der Fotografie immer noch aktuell. Digitale Verfahren, die uns heute zur Verfügung stehen, ermöglichen nicht nur rasante (Re)Produktionen von Bilderwelten, sondern auch für den/die BetrachterIn nicht mehr nachzuvollziehende Manipulationen des ursprünglichen Bildmaterials. Können wir alles glauben, was wir sehen?
Quelle: Walter Benjamin: Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit. Frankfurt am Main 1935/36