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Bleiweiß

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Für die Farbgebung des Himmels verwendete Francesco Guardis die Pigmente Azurit und/oder Ultramarin in Verbindung mit Bleiweiß. Für die Inkarnate (Fleischtöne) verwendete er Bleiweiß gemischt mit Zinnober, Schwarz, rötlichen und gelblichen Erden. Die weißen Hemden der Gondoliere ebenso wie auch alle weißen Lichter der Architekturen und die Spiegelungen im Wasser bestehen unter anderem aus Bleiweiß.

Bleiweiß, ein basisches Bleikarbonat, ist – historisch, maltechnisch und naturwissenschaftlich gesehen – wohl das bedeutendste und wichtigste aller Pigmente. Seit der Antike wird es in allen maltechnischen Quellenschriften und Malanweisungen erwähnt. Bis ins 19. Jahrhundert war Bleiweiß, von wenigen Ausnahmen abgesehen, die einzige weiße Farbe, die rein oder selten, mit Kreide, Gips oder Muschelschalen verschnitten in der Malerei verwendet wurde. Erst nach etwa 1840 kamen Zinkweiß und nach 1918 Titanweiß hinzu.
Für die Herstellung setzte man Bleibleiche in einem geschlossenen Gefäß Essigdämpfen aus. Nach etwa zehn Tagen wurde das Bleiacetat, das als weißlicher Belag auf den Bleiplatte lag, in einem Gefäß unter Wasser abgekratzt, in der Sonne getrocknet und dadurch in Bleikarbonat überführt. Bleiweiß ist giftig, so dass im 19. Jahrhundert die Behörden versuchten, die Herstellung und Verwendung zu verbieten, was daran scheiterte, das es keinen Alternativen zu diesem vorzüglichen Pigment gab.
Bleiweiß ersetzt das Licht in der Malerei und wurde praktisch mit allen Farben gemischt, die aufgehellt werden sollten. Es diente zum Aufhellen der Grundierung, wurde in der Imprimitur allein oder in Mischungen mit anderen Pigmenten sowie in der Untermalung verwendet. Die Künstler machten sich  zunutze, dass Bleiweiß als Ölfarbe die Eigenschaft hat, sehr schnell zu trocknen, und zugemischt die Trocknungseigenschaft schlecht trocknender Pigmente verbesserte.
Bleiweiß wurde mit allen Bindemitteln angerieben. In Verbindung mit trocknenden Ölen wie Leinöl, Walnussöl oder Mohnöl spielt es in der Malerei als Stabilisator eine wichtige Rolle. Beim Trocknen entstehen durch den so genannten Verseifungsprozess stabile, haftfeste und haltbare Farbschichten. Dies erklärt, dass häufig auf alten Gemälden die mit Bleiweiß ausgemischten Farbflächen sehr viel besser erhalten sind als die mit dunklen Tönen.

Auch für die naturwissenschaftliche Gemäldeuntersuchung ist Bleiweiß von großer Bedeutung. Es ist ein metallisches, den Röntgenstrahl stark absorbierendes Pigment. Durch den glücklichen Zufall, dass Bleiweiß auf beinahe jeder Malerei bis ins 19. Jahrhundert vorkommt, können stilistische Untersuchungen von Gemälden gemacht werden. Beim Röntgen wird ein mehr oder weniger ausgeprägtes Bleiweißgerüst sichtbar. Mit den Ergebnissen dieser Untersuchungen können Erkenntnisse über den maltechnischen Aufbau des Gemäldes, grobe  Altersbestimmungen vorgenommen und auch Original und Kopie voneinander unterschieden werden.

Literatur:
Knut Nicolaus: DuMonts Handbuch der Gemäldekunde. Köln 2003.

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