Controlling Chaos
Interessanterweise sind auf dem Bild keine Tauben zu sehen, die ja für das heutige Venedig typisch sind. Und Tauben können, wie die meisten Vögel, fliegen. Fliegen ist ein gutes Beispiel dafür, dass die Physik von Naturbeobachtungen aus entwickelt wird. Es ergeben sich aus dem Phänomen des Fliegens folgende Anknüpfungspunkte: Der Auftrieb, oder warum steigt ein Heliumballon auf? Der Gleitflug beruht auf laminaren Strömungen. Wie viel Kraft brauchen Vögel, um in der Luft zu bleiben? Wie viel Energie muss ein Kolibri für sein schnelles Flügelschlagen aufbringen?
Hier wollen wir uns vor allem mit einer Konsequenz der Komplexität der Gleichungen, die das Flugverhalten beschreiben, befassen. So fliegt ein gut gefalteter Papierflieger stabil, er verfolgt eine gerade Bahn und lässt sich nicht durch einen leichten Luftzug beeinflussen. Ein schlecht gefalteter Papierflieger hingegen torkelt herum, vollführt unvorhersagbare Wendungen und wird von einem Lufthauch aus der Bahn geworfen. Dieses Verhalten heißt statisch instabil und ist eine Konsequenz der Nichtlinearität der Strömungsgleichungen. Die ausgeführte Flugbahn im zweiten Fall ist chaotisch.
Das stabile Flugverhalten wird von Verkehrsflugzeugen genutzt, da so ein Flug wesentlich weniger Treibstoff verbraucht. Das ganze Segelfliegen beruht darauf, ebenso wie der Gleitflug von Vögeln. Aber auch das statisch instabile Flugverhalten ist von Interesse. Bei Kampflugzeugen ist eine stabile Fluglage nämlich nachteilig, da diese ja sehr schnell manövrieren können müssen.
Die Technik, die zum Beispiel auch bei den Eurofightern eingesetzt wird, heißt „Controlling Chaos“. Dabei fliegt der Jet prinzipiell immer in einer statisch instabilen Lage, d.h. eigentlich würde er dauernd umhertrudeln und die Richtung wechseln. Um dies zu verhindern wird über Sensoren jederzeit die genaue Fluglage ermittelt. Computer berechnen daraus die zukünftige Flugbahn ohne Eingriffe. Dass das Flugzeug den Flug wie gewünscht fortsetzt, dafür sorgt eine entsprechende Steuerung und Regelung. Der/die Pilot/in bestimmt also die Flugrichtung und die Elektronik besorgt den Rest.
Aber auch in der Raumfahrt wird „Controlling Chaos“ eingesetzt. So werden die Gravitationsfelder von Planeten und Monden eingesetzt, um Raumfähren zu beschleunigen. Dies funktioniert ebenfalls nur deshalb, weil die Bewegungsgleichungen nichtlinear sind.
URL: Vorlesung in der Physik: Nichtlineare Dynamik und Chaos: http://tuwis.tuwien.ac.at/zope/_ZopeId/00993555A20rkXRXrAA/tpp/lv/lva_html?num=301906&sem=2007S
URL: Vorlesung in der Mathematik: Nichtlineare dynamische Systeme: http://tuwis.tuwien.ac.at/zope/_ZopeId/00993555A20rkXRXrAA/tpp/lv/lva_html?num=110050&sem=2007S